Kryptomanie eine digitale Hysterie

Als ich vom Bitcoin erfahren habe, lag der Kurs noch bei 10 Euro. Das muss so 2012 gewesen sein. Obwohl ich damals schon Mitglied einer Handelsplattform gewesen bin, habe ich nie gehandelt. Das liegt wohl vor allem daran, dass ich bis heute nicht genau verstanden habe, was ich damit anfangen soll.

Man hört was von frei und unabhängig, fälschungssicher, weltweit zugänglich, unkontrolliert und inflationsgeschützt. Das kann sein aber wenn ich etwas kaufe, zahle ich bar in Euro oder überweise in Euro und es funktioniert. Das ist der Punkt, es ist einfach, bequem, kostenlos und es funktioniert. Bitcoin ist nicht einfach, nicht kostenlos oder bequem und er funktioniert nicht wo ich ihn brauche.

Zahlungsmittel, vom Warengeld (Getreide,Vieh und Pfeilspitzen) über Münzgeld und Papiergeld zu Giralgeld haben im wesentlichen drei Funktionen:

  1. Als Tausch- oder Zwischentauschmittel einen Handel zu ermögliche und/oder eine Schuld zu tilgen.
  2. Den Wert von Vermögen zu erhalten.
  3. Den Vergleich von Werten zu ermöglichen.

Je besser ein Zahlungsmittel seine Funktionen erfüllt, desto höher ist seine Akzeptanz. Die Leute zahlen nicht in Euro weil sie müssen sondern weil sie können. Wenn es unbequem oder umständlich wäre, würden sich die Leute eine Ersatzwährung suchen.

Bitcoin erfüllt diese Funktionen ungenügend, er ist unzureichend akzeptiert weil er kompliziert ist, sein Wert zu stark schwankt, weshalb er sich auch nicht zur Werterhaltung eignet, und die Verfügbarkeit von Bargeld höher ist. Die genannten, extremen Kursschwankungen vom Bitcoin verhindern auch dass man ihn als Maßstab für Werte heranziehen kann. Nicht zuletzt disqualifiziert der starke Wertzuwachs den Bitcoin als Zahlungsmittel weil er deshalb in Erwartung steigender Preise gehortet wird.

Für den Bitcoin soll seine Unabhängigkeit von Banken und Staatlicher Regulierung sprechen. Als Ergebnis sehen wir Chaos und Konflikte statt Stabilität und Sicherheit. Mittlerweile gibt es neben dem Bitcoin den Bitcoin Cash und den Bitcoin Gold als eigenständige Währung. Wer hat Zeit und Lust sich damit und den weiteren 3000 Kryptowährungen auf dem Markt zu beschäftigen? Diese Entwickelung ist zu schnell und undurchsichtig für den Endverbraucher.

Man verspricht Inflationsschutz, der Bitcoin könne nicht wie Papiergeld beliebig vermehrt werden. Papiergeld kann jedoch nicht beliebig vermehrt werden, das ist falsch. Spätestens nach der Hyperinflation 1914-1923 sollte das allen klar sein. Die Geldmenge kann jedoch nicht ewig gleich bleiben sie muss mit dem Markt wachsen um eine Deflation zu vermeiden. Ein Zahlungsmittel kann auch zu wertvoll für den Gebrauch sein bzw. werden. Außerdem findet eine Inflation beim Bitcoin statt, bis der letzte Coin errechnet wurde.

Anonymität ist auch ein großes Thema, zwischen Sender und Empfänger von Transaktionen werden keine sensiblen Daten ausgetauscht. Das kann sein aber Bargeld ist genauso anonym und ich hinterlasse online schon einen Haufen Daten bevor ich bezahle. Das soll nicht heißen dass anonymes bezahlen kein Vorteil ist, -in meinem Alltag jedoch nicht notwendig.

Der Bitcoin ist jenes Zahlungsmittel, auf das keiner gewartet hat. Er macht vieles anders und wenig besser. Das Zeug ist zu einer Art Religion geworden mit eigenen Predigern die völlig absurde Fantasien, Wahnvorstellung und Verschwörungstheorien verbreiten.

Ein witziges Beispiel ist die Seite de.bitcoin.it/wiki/Mythen. Der Link deutet es bereits an, hier sollen die Mythen und Legenden über den Bitcoin aus der Welt geschafft werden. Man antwortet auf die Aussage, Bitcoins seien wertlos weil sie durch nichts gedeckt sind:

Gold ist ebenfalls durch nichts gedeckt und sein Verkaufspreis übersteigt seinen Materialwert trotzdem um einiges. Bitcoins haben einen Wert dadurch, dass dieser ihnen durch eine große Zahl an Individuen zugeschrieben wird. ….“

Gold ist natürlich durch sich selbst gedeckt, es ist ein Edelmetall, korrosionsbeständig, selten, schön, ein wert in sich. Ein Bitcoin ist nur ein Code. Der Verkaufspreis von Gold ist auch nicht um einiges höher als sein Materialwert. Goldbarren und Münzen sind ziemlich nahe am Spot weil sie von der Steuer befreit sind. Natürlich ist es so, dass der Bitcoin keinen Wert in sich hat. Einen kryptischen Code mit einem Edelmetall zu vergleichen ist absurd.

In der Bitcoin – Community hat sich so eine Art „wir gegen die“ gebildet mit alternativen Fakten und allem, was dazu gehört. Der böse Staat will uns alles weg regulieren und Konkurrenz zur Währung beseitigen. Leute, die vor einer Blase oder Risiken warnen, haben keine Ahnung. „Banker verzweifeln am Bitcoin“. Das Ganze erinnert ein bisschen an die Reichsbürger oder den Propagandasender Funk, man lebt in seiner eigenen Welt.

Was ist passiert? Kryptowährungen sind cool geworden, allein der Bitcoin ging in den vergangenen 12 Monaten 1000 Prozent nach oben und liegt aktuell bei ungefähr 8300 Dollar. Wer sich den Kursverlauf ansieht, fühlt sich an historische Blasen erinnert. Auch der chronologische Verlauf stimmt, geringe Bekanntheit, das Zeug bekommt Öffentlichkeit, große Investoren steigen ein, der Preis Explodiert. Natürlich bewerten „Experten“ den Kursverlauf unterschiedlich …

boerse.ard.de/boersenwissen/boersenwissen-fuer-fortgeschrittene/wehe-wenn-die-bitcoin-blase-platzt100.html

blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/42805/bitcoin-eine-blase-wie-sie-im-lehrbuch-steht/

www.bitcoin.de/de/chart

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